Änderungsvorschlag Tierschutzgesetz

Das Tierschutzgesetz soll geändert werden. Der erste Entwurf aus aquaristischer Sicht betrachtet.

Am 01. Februar 2024 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einen Entwurf zur Gesetzesänderung des Tierschutzgesetz und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes veröffentlicht.

Für uns Aquarianer ist dabei in erster Linie das Tierschutzgesetz interessant. Welche Änderungen die uns Aquarianer betreffen sind geplant?

  • Die Paragrafen für das Töten von Wirbeltieren gelten dann auch für Wirbellose, vor allem für Kopffüßer und Zehnfusskrebse, wie Flusskrebse, Krabben und Garnelen.
  • Verbot von Qualzuchten, dazu gehören auch Tiere mit Bewegungsanomalien. Ob dazu dann z.B. Schleierformen gehören oder nicht, muss dann später von entsprechenden Durchführungsverordnungen oder Organisationen wie dem TVT festgelegt werden. Definitiv dazu gehören dann Formen wie diverse Lebendgebährende, bei denen das Gonopodium aufgrund der Verlängerung nicht funktional ist.
  • Der Kauf von lebenden Zehnfußkrebsen zu Speisezwecken wird verboten. Betrifft die Aquaristik natürlich nur ganz extrem am Rand.
  • Der Verkauf von lebenden Tieren (alle! auch Wirbellose) auf Online-Plattformen ist nur noch erlaubt, wenn die Anbieter ihre Daten beim Plattformbetreiber hinterlegen und die Tiere gekennzeichnet sind. Diese Änderung würde wohl das Ende aller privaten Verkäufe auf Kleinanzeigen, in Foren oder sozialen Netzwerken bedeuten. Ebenso könnte das für die Anbieter diverser Online-Shops das Ende bedeuten, denn die Kennzeichnung von Fischen, Garnelen und Krebsen dürfte nach den dortigen Vorgaben nicht möglich sein.
  • Tierbörsen an denen die Teilnahme gewerbsmäßiger Händler zu erwarten ist, hat während der Dauer eine Kontrolle stattzufinden.
  • Die Behörden werden berechtigt, Testkäufe durchzuführen ohne die behördliche Identität bekanntzugeben.

Töten von wirbellosen Tieren

Zukünftig sollen die Vorschriften zum Töten von Wirbeltieren auch für viele Wirbellose und teilweise auch für alle Tiere gelten. Das umfasst das Gebot der Betäubung vor der Tötung und entsprechenden Kenntnissen. Für gewerbsmäßige Halter auch eine entsprechende Sachkunde. Wie man diese Sachkunde nachweisen soll, ist allerdings unklar, denn Tierärzte die sich mit der Physiologie von Krebsen auskennen, dürften noch seltener zu finden sein, wie die für Fische. Hier muss dann das Ministerium noch entsprechend tätig werden.

Qualzuchten

Hier wurden die Bedingungen, ab wann ein Tier als Qualzucht einzustufen ist, klarer definiert. Trotzdem bleiben Interpretationsspielräume, die nur durch klare Nennungen in einer entsprechenden Durchführungsverordnung geklärt werden können.

Interessanterweise geht der Entwurf davon aus, dass die Kontrolle des Verbots (für alle Tiere!) nur anlassbezogen in Verdachtsfällen erfolgt und die Durchführungskosten vernachlässigbar sind. In anderen Punkten zeigt man Erfüllungskosten von 2000€/Jahr an. Für mich bedeutet das, dass die Kosten für die Kontrolle niedriger liegen. Also werden hier entweder Kosten nicht aufgeführt und damit weitere Mehrkosten verschwiegen oder man geht davon aus, dass gar keine Kontrolle erfolgt. Einer der wichtigsten Punkte für das Tierwohl ist also keine Kontrolle wert? Das gleiche gilt für die Kontrollen anderer wichtiger Punkte des neuen Gesetzes.

Onlinehandel

Diese Änderungen sind für mich etwas unklar formuliert. Gelten diese nur für Verkäufer auf Plattformen oder auch für den gewerblichen Onlinehandel mit eigenen Plattformen. Für mich geht dass nicht eindeutig aus dem Text hervor und meine Interpretation wäre generell für jeden Onlinehandel.

Wie man mit Tieren umgehen soll, die man kaum mit Transpondern oder Tätowierungen versehen kann, ist dabei auch nicht berücksichtigt. Somit könnte dies für die Aquaristik zu einem echten Problem werden.

Hinzu kommt, dass die Macher hinter dem Entwurf von nur 214 Online-Marktplätzen ausgehen, wovon auf rund der Hälfte auch Tiere angeboten werden. Das ist nicht ansatzweise die Zahl von der ich ausgehe, da darunter auch Tauschangebote in Foren u.ä. fallen. Dass kommt nach meiner Einschätzung einem Verbot solcher Angebote gleich, denn kaum ein Forenbetreiber wird den zusätzlichen Aufwand leisten können, der in dem Entwurf mit immerhin 4254 Minuten pro Plattform angegeben ist. Das dürfte im Fall von Foren zwar etwas hoch gegriffen sein, aber selbst 10% sind für meist privat geführte Seiten wohl kaum zu bewältigen. Ob große Anbieter diesen zusätzlichen Aufwand mitmachen werden oder einfach den Tierhandel ausschließen bleibt abzuwarten.

Tierbörsen

Das ist für mich die gravierendste Änderung für die Aquaristik. Nach meiner Interpretation würde diese Änderung bedeuten, dass die Behörde solche Veranstaltungen während der gesamten Dauer kontrollieren muss, sobald nur zu erwarten ist, dass ein gewerbsmäßiger Händler teilnimmt. Dass dürfte keine Behörde gewährleisten können und somit dürften Erlaubnisse für solche Börsen drastisch nach unten gehen. Die Abgrenzung zwischen privatem Verkäufer und gewerbsmäßigem Züchter dürfte für die meisten Vereine nicht zu kontrollieren sein.

Bei den Anbietern die das weiter machen können, werden allerdings definitiv höhere Gebühren für die Kontrollen anfallen. Wie hoch diese ausfallen bleibt dann abzuwarten.

Der Entwurf geht davon aus, dass mindestens zwei Personen an der Kontrolle teilnehmen – ein Amtstierarzt und einem Behördenmitarbeiter, plus ggfs. von einem externen Sachverständigen. Die Kosten die für die Behörde angenommen werden, liegen bei 65,20€ für den Amtstierarzt und 43,80€ für den Behördenmitarbeiter. Auch hier werden wieder weitere Mehrkosten nicht aufgeführt, wie Mehrarbeits- und Sonntagszuschläge (viele, bis nahezu alle Börsen finden am Wochenende statt) und die Kosten für externe Sachverständige.

Die Mehrkosten für die Kontrollen würden wahrscheinlich den Vereinen als Gebühr auferlegt. Wie hoch die Gebühren dann ausfallen wird von Behörde zu Behörde unterschiedlich sein. Nach meiner Einschätzung dürfte das zur Einstellung vieler Börsen führen. Ich verstehe auch nicht, warum hier eine Verschärfung notwendig ist. Bisher sind die Betreiber aufgefordert die Gesetzes-Konformität sicher zu stellen. Genau wie beim Betrieb eines Zoofachgeschäfts muss ein §11-Sachkunde-Inhaber während der Börsenzeiten verantwortlich anwesend sein. Diese Personen haben meist mehr Fachwissen, als die kontrollierenden Personen. Die Verantwortlichkeit ist klar geregelt und die Konsequenzen auch. Warum jetzt ein dauerhafter Kontrollzwang, den kaum eine Behörde leisten kann?

Fazit

Grundsätzlich muss ich hier anfügen, dass ich nur den Wortlaut des Gesetzes interpretiere. Das bedeutet, dass diese Paragrafen durchaus anders ausgelegt werden können. Ich habe dabei durchaus ein gewisses Schwarz/Weiß-Denken angewandt. Wahrscheinlich wird die Auslegung weniger dramatisch sein und vor allem: Bisher ist es nur ein Entwurf zu dem sich diverse Interessengruppen an geeigneter Stelle noch äußern werden. Es sind daher noch Änderungen möglich. Auch das komplette Einstampfen. Bis jetzt ist das erst der erste Schritt. Trotzdem finde ich es wichtig darüber zu informieren und auch meine Gedanken dazu zu teilen.

Bei weiteren Informationen oder Erkenntnissen werde ich den Artikel hier aktualisieren.

Das Gesetz scheint neben einigen durchaus positiven Ansätzen, auch manches deutlich zu erschweren. Vor allem für private Züchter dürfte es erheblich schwieriger werden ihre Nachzuchten zu verkaufen. Die veranschlagten Mehrkosten sind meiner Ansicht nach zu niedrig eingeschätzt.

Was es bringen soll ein Gesetz zu verschärfen, wenn man bereits jetzt die bestehenden Regelungen nur bedingt kontrolliert, ist sicher diskussionswürdig.

Interessant finde ich auch, dass die Studie, die mehrfach als Begründung bzw. Grundlage für die Gesetzesänderung aufgeführt wurde, den Lebendtierverkauf in Zoogeschäften (einschl. Baumärkten und Co.) bei Befragungen von Haltern und bei Socialmediaanalysen als Problem erkannt hat. Die weitere Analyse dazu findet sich jedoch nicht und auch keinerlei Aspekte dazu im neuen Gesetzesvorhaben. Das finde ich schade, da auch der verantwortungsvolle Zoohändler sicher daran interessiert wäre, dort gleiche Bedingungen für alle Händler zu schaffen und schwarze Schafe auszusieben. Die Studie geht da leider nicht weiter drauf ein, was bei mir einen schalen Geschmack hinterlässt. Ist nur der private Verkauf mehr zu kontrollieren? Würde nicht gerade im professionellen Handel ein Mehr an Tierschutz auch mehr bringen?

Man kann hier schnell den Eindruck gewinnen, es geht nur darum den Handel gegen private Verkäufe zu schützen. Das ist sicher übertrieben, denn natürlich gibt es den Schwarzhandel und da muss etwas passieren. Es wäre aber genauso wichtig den regulären Handel besser zu überwachen und dort den Tierschutz zu verbessern. Schade das diese Chance wieder vertan wurde.

Quellen (Externer Links):

Änderungsentwurf
Tierschutzgesetz
Studie als Grundlage für die Gesetzesänderung